Ehrenfelder Gesprächsreihe des MoscheeForums startet mit renommierten Gästen
Fake, Fakten, Fassade – Wer spricht für die Muslime in Deutschland?
Köln, 03. November 2025 — Am Freitag, 31. Oktober 2025, haben wir in der Zentralmoschee Köln den Auftakt unseres neuen Formats „Ehrenfelder Gesprächsreihe · Gesellschaft“ gefeiert. Mit der Reihe wollen wir Themen rund um das muslimische Leben in Deutschland differenziert beleuchten.
Zum Start diskutierten wir unter dem Titel „Fake, Fakten, Fassade – Wer spricht für die Muslime in Deutschland?“ über das Verhältnis von Innenwahrnehmung und Außenbild muslimischer Religionspraxis, über die öffentliche Wahrnehmung von Religion sowie über die Rolle muslimischer Akteurinnen und Akteure in der deutschen Gesellschaft.
Mit der neuen Gesprächsreihe schaffen wir am MoscheeForum einen Raum, in dem Forschung, Praxis und Community miteinander ins Gespräch kommen. „Dieses Format steht für etwas sehr Konkretes: zuhören statt zuschreiben, Fakten statt Schlagworte, Begegnung statt Fronten“, sagte unser Direktor Murat Şahinarslan zur Eröffnung. Er betonte: „Es geht nicht um Schlagabtausch, sondern um Einordnung, Verständnis und Klarheit. Wir wollen Räume öffnen, in denen wir als Stadtgesellschaft miteinander sprechen – nicht übereinander.“
Im Mittelpunkt des Abends stand die Frage, wie muslimische Religionspraxis tatsächlich vermittelt wird – etwa in Freitagspredigten – und warum das Bild „der Moschee“ in Medien und Politik häufig von Vorurteilen geprägt ist. Ausgangspunkt war ein Forschungsprojekt zu Freitagspredigten in deutschen Moscheen, vorgestellt von Dr. Jörn Thielmann, Leiter des Zentrums für Islam und Recht in Europa (EZIRE) an der FAU Erlangen-Nürnberg. Auf dem Podium diskutierten außerdem Abdul Ahmad Rashid (Journalist und Islamwissenschaftler) sowie Dr. Zekeriya Altuğ (Leiter der Abteilung Gesellschaft und Zusammenarbeit im DITIB-Bundesverband).
Themenschwerpunkte des Abends:
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Was wird in Moscheen tatsächlich gepredigt – welche Themen, Sprachen, Zielgruppen stehen im Mittelpunkt?
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Warum erreichen Predigten manche Gläubige nicht – und was bedeutet das für religiöse Bildungsarbeit?
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Wie prägen Medien und Politik die öffentlichen Bilder von „der“ Moschee – und wie gelingt mehr Differenzierung?
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Welche Rolle spielen muslimische Stimmen in den Debatten über den Islam?
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Dr. Thielmann präsentierte Ergebnisse seines Projekts und ordnete die Rolle religiöser Ansprache in den Gemeinden ein. Abdul Ahmad Rashid brachte die Perspektive der medialen Wahrnehmung ein, Dr. Zekeriya Altuğ reflektierte die Binnenperspektive aus Verbands- und Gemeindearbeit.
Thielmann erläuterte, dass das Projekt im Rahmen einer langfristigen Dokumentation muslimischer Predigtpraxis entstanden ist. Er unterstrich die Bedeutung muslimischer Archive in Deutschland, um Entwicklungen in Gemeinden sichtbar zu machen und professionelle Veränderungen in der Ansprache nachzuzeichnen. Altuğ ergänzte: „Archivarbeit ist für uns besonders wichtig, weil sie neben den Angeboten und Dienstleistungen auch die Entwicklung von einer Gastarbeiterorganisation zu einer Religionsgemeinschaft dokumentiert.“
Warum der Fokus auf Freitagspredigten? Thielmann: In Deutschland gibt es eine große Vielfalt muslimischen Lebens, die oft wenig sichtbar ist; viele Studien hätten lange Gastarbeiterkontexte betont. Zugleich hätten Freitagspredigten öffentlich einen schlechten Ruf – als seien sie vor allem politisch oder radikal. Die aktuelle Studie widerspricht: Im Zentrum stünden Moral, Ethik, Familie, Respekt, Glaubenspraxis, Verantwortung füreinander, die Beziehung zu Gott und respektvolles Zusammenleben mit Nichtmuslimen.
Altuğ hob hervor, dass Predigten in den letzten Jahrzehnten kürzer, strukturierter und sprachlich zugänglicher geworden seien, um mehr Gemeindemitglieder zu erreichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen: „Unsere Gemeinden sind vielfältig. Wir müssen einen Kompromiss finden, damit sich alle unabhängig von Herkunft, Sprache oder theologischen Nuancen wiederfinden – und wir zugleich die Aufmerksamkeit nicht verlieren.“
Der Abend endete mit einer lebhaften Fragerunde und einem offenen Austausch zwischen Gästen und Publikum – ein gelungener Auftakt, dem weitere Abende der Ehrenfelder Gesprächsreihe folgen.





